Petershain

 
Multikulturell, so würden wir heute sagen, hat es im Mittelalter mit unserem Dorf angefangen. Germanische Siedler aus Franken und einheimische slawische Lusitzi haben Petershain wahrscheinlich um 1200 angelegt. Auf Grund des Ortsnamens lässt sich vermuten, dass ein Organisator der Dorfgründung, eine Person mit dem Namen Peter war. Diesem haben wir auf dem Lindenplatz ein Denkmal gesetzt. Im Jahr 1346 wird Petershain erstmals urkundlich erwähnt.

luftbildDeutsche brachten neue Methoden des Ackerbaus und der Verwaltung mit. Kultur und Sprache der Lusitzi, von den Deutschen Wenden genannt, haben sich über viele Jahrhunderte behauptet. In einem Besitzverzeichnis von 1652 finden sich in Petershain fast ausschließlich slawische Hof- und Personennamen.

Im Laufe der Zeit führte die Vorrangstellung der adligen Gutsherren die Bauern, Kossäthen und Büdner in die Leibeigenschaft und Erbuntertänigkeit. Um 1715 leisteten unsere Vorfahren Widerstand. Gemeinsam mit Standesgenossen der Nachbardörfer protestierten sie in Cottbus und scheuten sich auch nicht mit Gewalt ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich die Idee vom Nationalstaat durchsetzte, sollten die wendischen Petershainer endlich „richtige Deutsche“ werden. Ihre Muttersprache und Kultur wurden verpönt. 1842 untersagte der Gutsherr den Gottesdienst in wendischer Sprache. Über 100 Jahre später starben die letzten Petershainer, die noch die Mundart ihrer Vorfahren verstanden. Wenige Traditionen, wie das Zampern und Osterbräuche haben bis heute überlebt.

Durch die Industrialisierung der Niederlausitz am Ende des 19. Jahrhunderts entstand um einen Haltepunkt, der 1870 eröffneten Bahnstrecke, die Petershainer Kolonie Neu Petershain. 1905 gründete sie sich als eigenständige Gemeinde. Seit 1928 ist Petershain als Neupetershain Nord eine Ortslage innerhalb der Gemeinde Neupetershain.

postkarteWährend des 2. Weltkriegs verloren über 300 Neupetershainer (10% aller Einwohner) auf den Schlachtfeldern und in der Heimat ihr Leben. Als im April 1945 der Ausbruch eingekesselter deutscher Einheiten in unserer Gemarkung endete, lagen die sogenannten Todeswiesen voller Leichen. Um den Lindenplatz wurden das Pfarrhaus, der Gasthof, die Schule und das stattliche Wohnhaus der Familie Kara ein Raub der Flammen. Durch Flucht und Vertreibung kamen viele Menschen aus dem deutschen Osten auch in unser Dorf. Etliche fanden hier ein neues zu Hause und blieben.

Nicht durch Krieg, sondern durch ideologische Eiferer in der Zeit des Sozialismus, wurde das Petershainer Schloss schwer beschädigt. Viele Jahre fristete es ein graues Dasein. Erst nach der Wende ist es durch das Engagement des Unternehmers Erwin Gehrke als Hotel und Restaurant wieder zu einem Petershainer Schmuckstück geworden.

Heute sind die größten Herausforderungen für unseren Ort die Abwanderung in Folge der Deindustrialisierung und der demographische Wandel. Innovative Ideen und das Engagement der Dorfbewohner sind gefragt, damit es in der Gemeinde Neupetershain auch in Zukunft lebenswert bleibt.
Text: Udo Kittan